Gedenken heißt Räume schaffen: Monat des Gedenkens in Eimsbüttel
- Friederike Müller
- 23. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Veranstaltungen von polbi hamburg und Linksfraktion Hamburg Eimsbüttel

Abstract:
polbi hamburg und die Linksfraktion Eimsbüttel gestalteten am 6. Juni einen Tag zum Monat des Gedenkens in Eimsbüttel. Im Fokus der vier Veranstaltungen stand die Verbindung von Erinnerungsräumen in der Vergangenheit und Gestaltungsräumen in der Gegenwart. Gemeinsam haben wir Räume geschaffen und Menschen sichtbar gemacht.
Räume schaffen und verhandeln
Räume und Orte des Holocaust können verblassen und an Sichtbarkeit verlieren. Nicht ohne Grund trägt die Stiftung der KZ-Gedenkstätte Neuengamme „Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte“ die Wörter Stätten und Ort im Namen. Daran haben wir uns bei unserem Programmteil orientiert und Raum geschaffen und verhandelt – geografisch, räumlich, konkret, virtuell und abstrakt. In Kooperation mit der Linksfraktion Eimsbüttel gestaltete polbi hamburg zum Monat des Gedenkens Eimsbüttel vier Veranstaltungen, um das Gedenken mit dem Buntstift sichtbar zu machen.
Stadtraum: Queer Walk
Wir sind im Sozialraum gestartet, gehend. Auf einem Rundgang sprachen zwei Organisationen zu konkreten Orten des lesbischen und schwulen Lebens in Hamburg. Das Queer-Referat des AStA der Universität Hamburg stellte sich und seine 30-jährige Geschichte vor. Ende der 1980er Jahre noch mit dem Namen und Fokus „Schwulenreferat“ entstanden, machte das Referat seitdem mehrere Wandlungen, etwa zum "Les B I Schwul Tran SM Polymorph-Perverses-Referat", durch. Hauptaufgabe damals: stören. Hauptaufgabe heute: Safe Space sein. Immer Thema: interne Kämpfe der „Szene“ und aktuelle gesellschaftliche Verhältnisse. An die Universität angedockt, war und ist das Queer-Referat zugleich Schutzraum vor und Spiegel der Gesellschaft.
Wenige Straßenecken weiter in der Grindelallee übernahm das Frauen:bildungszentrum und Archiv DENKtRÄUME e. V. Sie führten durch ihre eigenen Räume mit einer großen feministischen Bibliothek und umfassendem Archiv zur Frauen- und Lesbenbewegung. Dabei erzählten die Engagierten von ihrer Geschichte und dem Kampf, Räume für Frauen zu schaffen. Ihr Teil des Rundgangs schlug die Brücke zur Verfolgung im Nationalsozialismus und widmete sich dann aktuellen feministischen Initiativen im Bezirk Eimsbüttel.
Room-Design-Werkstatt
Mit unseren drei Werkstätten führten wir die Raum-Metapher weiter. Katharina Berg fragte in ihrer Room-Design-Werkstatt, was einen Safe Space ausmacht. Hat er vier Wände, Boden und Dach? Entsteht ein Raum in dem Moment, in dem zwei Menschen aufeinandertreffen? Teilnehmende diskutierten über zwischenmenschliche Dynamiken, Machtverhältnisse, die in jeder Situation neu ausverhandelt werden, und wer überhaupt Zugang zu welchen Räumen hat. Katharina nutzte dabei Ausdrucksmöglichkeiten für verschiedene Persönlichkeitstypen: Diskutiert wurde aktiv, aber wer nicht sprechen wollte, konnte Gedanken auch schriftlich beitragen. Denn auch die klassische Methode der Diskussion ist ein Raum, der nicht allen gleich offensteht.
Instagram-Werkstatt
Kreativ weiter ging es in Sophie Gerbers Instagram-Werkstatt. Um später selbst praktischen Content zu produzieren, schauten sich die Teilnehmenden an, wie politische Influencer:innen auf Instagram auftreten. Dann wurde die Toolbox gefüllt:
Was sind Story, Reel und Posts?
Wie baue ich eine Geschichte sinnvoll auf?
Was für eine Tonalität möchte ich haben?
Mit den wichtigsten Werkzeugen ausgestattet, ging es in die Kreativphase. Wir haben erste Posts entworfen und ausprobiert, wie Politik auf Instagram erlebbar werden kann. Eine wichtige Erkenntnis im gemeinsamen Austausch war, sich nicht von Social Media überfordern zu lassen. Wir müssen nicht im Parlament sitzen, um Politik zu machen. Genauso müssen wir nicht alle Influencer:innen mit perfekter Ästhetik sein. Auch wer kommentiert, liked und weiterverbreitet, macht als Multiplikator:in politische Arbeit.
Podcast-Werkstatt
Guerrilla Radio, turn that shit up hieß es in den 90ern bei Rage Against the Machine. Heute muss niemand mehr Radiowellen kapern, um sich eine Stimme zu verschaffen. Podcasts werden von allen gehört und von allen veröffentlicht. In unserer Podcast-Werkstatt gaben wir queeren Aktivistinnen Sprechraum. Mit Vanessa Lamm sprachen wir über Safe und Brave Spaces und was es für wirklich intersektionale Räume in der Stadt braucht. Seit 30 Jahren ist sie in Hamburg für queere Rechte aktiv und Gründerin von Welcoming Out.
Weitere Gästinnen: Xenia Brühlmann und Ramina Moewis. Die beiden sind erst seit wenigen Jahren in Hamburg und schaffen schon Realitäten. Ihr Strick- und Häkeltreff Xenia & Ramina für queere Menschen entwickelt sich zum Riesenerfolg. Wir haben gefragt, welche Entwicklung sie in Hamburgs queerer Szene beobachten und wieso Lesben so wenig sichtbar sind.
polbiwärts!
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